Gedanken zur Nachfolge: Perspektiven meiner langjährigen Privatschulinhaberschaft
- peterzahn6
- 11. Juli
- 6 Min. Lesezeit

Als langjährige Inhaberin einer Privatschule mache ich mir intensiv Gedanken über die Zukunft meiner Bildungseinrichtung. Die Bildungslandschaft befindet sich in einem rasanten Wandel, und es ist meine Pflicht, die langfristige Stabilität und den Erfolg meiner Schule zu sichern. Dabei rückt ein zentraler Aspekt immer wieder in den Vordergrund, den ich kontinuierlich kritisch beleuchten muss: die Abhängigkeit meiner Schule von meiner Person als Gründerin und Schulleiterin.
Meine Schule steht finanziell auf soliden Füssen, mit stabilen Einnahmen und einer gesunden Basis von jährlich 200 Lernenden. Doch wenn ich der „Klebstoff“ bin, der alles zusammenhält – von der pädagogischen Leitung über die Verwaltung bis hin zu den Beziehungen zu Eltern und Lehrkräften –, dann ist dieser Erfolg möglicherweise fragiler, als er auf den ersten Blick erscheint. Ich habe gelernt, dass gerade bei einem geplanten Ruhestand oder einem Verkauf der Schule die Bewertung dieser Inhaberabhängigkeit entscheidend ist für potenzielle Nachfolger oder Käufer. Denn sie beeinflusst direkt die Übergangsplanung, die Betriebsstabilität nach meinem Ausscheiden und sogar die Bewertung des Unternehmenswerts.
Was Inhaberabhängigkeit in meiner Privatschule bedeutet
Für mich zeigt die Inhaberabhängigkeit, wie stark der tägliche Betrieb und der Erfolg meiner Schule von meiner persönlichen Beteiligung abhängen. Das kann meine Rolle im Lehrplan, in der Schulentwicklung, in der Kommunikation mit Eltern, in der Personalführung, bei der Akquise neuer Schüler oder sogar bei der Aufrechterhaltung der Schulmoral sein. Ich muss mir heute ehrlich eingestehen: Wenn meine Schule ohne mich nicht reibungslos funktionieren oder gar zusammenbrechen würde, ist das ein ernstes Problem. Ein solcher Zustand könnte nach meinem Weggang zu einem Rückgang der Schülerzahlen, zur Abwanderung von Lehrkräften und zu erheblichen Störungen im Schulbetrieb führen.
Da ich als Gründerin oft mehrere Hüte gleichzeitig trage und das Herzstück meiner Schule bin, ist dieses Risiko für mich von grosser Bedeutung.
Warum Inhaberabhängigkeit für die Zukunft meiner Schule wichtig ist
Wenn ich zu tief in die täglichen Abläufe und die Identität meiner Schule eingebettet bin, kann mein Abschied ein Vakuum hinterlassen. Selbst die besten Übergangspläne könnten scheitern, wenn Lehrer, Eltern oder sogar die Schüler mich als unersetzlich ansehen. Dies wirkt sich direkt auf den langfristigen Wert und die Attraktivität meiner Schule aus:
Chaos nach meinem Weggang: Wenn ich gehe und unklar ist, wer meine Schlüsselfunktionen übernimmt, kann schnell Unruhe entstehen. Projekte stocken, Lehrkräfte werden frustriert, und Eltern könnten sich nach Alternativen umsehen. Das möchte ich für meine Schule unbedingt vermeiden.
Verpasste Entwicklungschancen: Ich habe erfahren, dass, wenn die Schule zu stark von meiner Zeit und meinem Wissen abhängt, sie nur schwer wachsen und sich weiterentwickeln kann. Wachstumspläne erfordern etablierte Strukturen und Delegation, nicht nur einen einzigen Ansprechpartner. Wenn ich dieser „Engpass“ bin, limitiere ich das zukünftige Potenzial meiner Schule.
Überschätzter "Wert" der Schule: Ich muss auch prüfen, ob meine derzeitige Vergütung alle Rollen, die ich einnehme, angemessen widerspiegelt. Denn wenn ich Aufgaben habe, die bei einer Nachfolgeleitung zusätzliches Personal erfordern würden, könnte die finanzielle Attraktivität meiner Schule künstlich wertvoller erscheinen. Ein potenzieller Nachfolger müsste die Kosten von Ersatzkräften einkalkulieren, was den scheinbaren Profit schmälern würde.
Überforderung für Nachfolger: Ich möchte nicht, dass ein potenzieller Nachfolger oder Käufer überfordert ist, weil er eine Schule übernimmt, die in mehreren Bereichen meine direkte, persönliche Aufsicht benötigt. Besonders für jemanden, der eine etablierte Institution übernehmen will, ohne in alle Details des Mikromanagements eintauchen zu müssen, wäre dies sicherlich abschreckend.
Die Selbsteinschätzung meiner Inhaberabhängigkeit
Die Inhaberabhängigkeit zeigt sich nicht in Zahlenkolonnen. Ich muss meine eigenen Praktiken strategisch hinterfragen, beobachten, wie mein Team arbeitet und mir vorstellen, wie meine Schule ohne mich zurechtkäme. Wo muss ich genau hinschauen?
Organisationsstruktur und Rollenklarheit: Gibt es bei mir ein detailliertes Organigramm mit klaren Rollen und Verantwortlichkeiten für alle, einschliesslich meiner Person? Ich muss eine typische Woche von mir selbst sorgfältig analysieren:
Wer trifft wirklich die endgültigen Entscheidungen bei Lehrplaneinführungen, Personalfragen, Finanzierungsstrategien oder der Aufnahme neuer Schüler? Wenn das immer ich bin, ist das ein Problem.
Wer ist der Hauptansprechpartner für die Eltern, Lieferanten und externen Partner? Läuft das über mein Team oder direkt über mich?
Wie werden Aufgaben delegiert und nachverfolgt? Gibt es einen formalen Prozess oder gebe ich Anweisungen ad hoc? Wenn ich in mehrere Kernfunktionen involviert bin, müsste das ein klares Warnsignal für einen potenziellen Nachfolger sein.
Beziehungen zu Eltern und Schülern: Bin ich das alleinige Gesicht der Schule für unsere wichtigsten Eltern? Wenn Schlüsselbeziehungen direkt über mich laufen oder die Bindung an die Schule stark von meinem persönlichen Einfluss abhängt, ist das ein erhebliches Risiko. Ich muss das offen und ehrlich einschätzen:
Wie viele Eltern haben eine direkte Beziehung zu mir, die das Sekretariat oder die Klassenlehrer umgeht?
Wurden wichtige Eltern und Partner den anderen Teammitgliedern vorgestellt und haben sie eine Beziehung zu ihnen aufgebaut?
Würden die Schüler bleiben, wenn ich die Schule verliesse? Dies ist besonders kritisch in einer Privatschule, wo persönliche Bindungen eine grosse Rolle spielen.
Schulentwicklung und pädagogische Führung: Bin ich der einzige "Motor" für neue pädagogische Initiativen oder die Weiterentwicklung des Schulkonzepts? Wenn die Innovation nur von mir ausgeht, muss ich überlegen, wie reproduzierbar dieser Motor ist.
Wer leitet den Prozess der Schulentwicklung und Qualitätssicherung?
Gibt es dokumentierte Prozesse oder Leitlinien für die Lehrplanentwicklung, die Evaluation oder die pädagogische Methodik, oder ist das alles in meinem Kopf?
Wie viel der pädagogischen Ausrichtung ist an meine persönliche Vision gebunden?
Betriebliches und administratives Wissen: Ich habe viele der Systeme und Prozesse aufgebaut, und ein Grossteil des administrativen und organisatorischen Wissens liegt bei mir. Wenn diese Informationen nicht dokumentiert oder leicht übertragbar sind, ist das ein Risiko.
Ich muss feststellen, wie viel des täglichen Betriebs kodifiziert ist.
Sicherstellen, dass es SOPs (Standardarbeitsanweisungen) für Kernaufgaben wie Schüleraufnahme, Abrechnung, Personalverwaltung oder Veranstaltungsplanung gibt.
Schulungen durchführen lassen oder Backups für die Schlüsselfunktionen bestimmen.
Ich muss Handbücher, Schulungsleitfäden oder Onboarding-Dokumente erstellen oder aktualisieren und diese leicht zugänglich machen.
Vertrauen und Loyalität des Personals: Ich weiss, dass meine Lehrkräfte und Mitarbeitenden mir persönlich treu sind, nicht nur der Schule selbst. Wenn ich als das Herz der Schulgemeinschaft angesehen werde, könnte die Moral sinken oder die Fluktuation steigen, wenn ich gehe. Ich muss folgendes bedenken:
Wie werden meine Schlüsselmitarbeiter reagieren, wenn ich meinen Abschied ankündige?
Wie werden Teamdynamik, Entscheidungsfindung und interne Kultur ohne mein direktes Eingreifen gemanagt?
Wie kommuniziere, coache und korrigiere ich, und wie leicht lässt sich das reproduzieren? Dieses Vertrauen auf einen neuen Eigentümer zu übertragen, wird Zeit und Sorgfalt erfordern, und ich muss den Weg dafür ebnen.
Fragen, die ich mir stelle (und auf die ich für einen Nachfolger vorbereitet sein muss):
Welche Aufgaben erledige ich persönlich jede Woche, die niemand anderes kann oder darf?
Wem vertraue ich, Entscheidungen zu treffen, wenn ich nicht erreichbar oder abwesend bin (z.B. in den Ferien)?
Was würde zuerst "zerbrechen" oder ins Stocken geraten, wenn ich eine zweiwöchige, komplett ungestörte Auszeit nähme?
Gibt es Eltern, Schüler oder Partner, die absolut nur mit mir zusammenarbeiten wollen?
Was sind meine konkreten Pläne für die Übergangsunterstützung, wenn ich die Schule eines Tages übergebe? (Dies hilft mir, den Unterschied zwischen dem, was ich glaube, dokumentiert zu haben, und dem, was tatsächlich in meinem Kopf existiert, aufzudecken.)
Wie kann ich das Risiko der Inhaberabhängigkeit reduzieren?
Wenn mir also eine signifikante Inhaberabhängigkeit bewusst ist, muss ich aktiv daran arbeiten, sie zu reduzieren. Dies wird meine Schule für eine erfolgreiche Zukunft weitaus widerstandsfähiger und attraktiver machen:
Delegation und Empowerment: Ich muss bewusst Verantwortung abgeben und Schlüsselpersonen in meinem Team stärken. Das bedeutet, nicht nur Aufgaben zu delegieren, sondern auch Entscheidungskompetenzen zu übertragen.
Nachfolgeregelungen intern fördern: Ich sollte gezielt Mitarbeiter entwickeln, die Teile meiner Rolle übernehmen könnten. Das kann die Förderung von internen Führungskräften oder die Schaffung neuer Leitungspositionen umfassen.
Prozesse und Wissen dokumentieren: Es ist unerlässlich, dass alle Kernprozesse – von der Schüleraufnahme über die Personalverwaltung bis hin zur Lehrplanentwicklung – schriftlich festgehalten werden. Wenn diese Dokumente nicht existieren, muss ich sie erstellen. Eine dokumentierte Schule ist eine übertragbare Schule.
Beziehungen breiter streuen: Ich muss aktiv daran arbeiten, die Beziehungen zu Eltern, Partnern und Behörden auf andere Schulmitglieder zu verteilen. Das bedeutet, dass nicht nur ich, sondern auch andere Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter die Hauptansprechpartner für unsere wichtigen Stakeholder sind.
Kontinuierliche Evaluation und Anpassung: Die regelmässige Überprüfung meiner eigenen Rolle und der Strukturen in der Schule ist entscheidend. Ich muss bereit sein, mich anzupassen und meine eigene Arbeitsweise zu verändern, um die Abhängigkeit zu reduzieren.
Abschliessende Gedanken zur Zukunftsfähigkeit meiner Schule
Wie ich heute weiss, ist die Inhaberabhängigkeit ein unterschätztes Risiko. Sie zeigt sich nicht in unseren Berichten oder Finanzunterlagen, aber sie wird sich schnell bemerkbar machen, wenn ich die Schule übergebe und sie unbeachtet bleibt.
Als Schulleiterin und Inhaberin liegt es an mir, objektiv zu beurteilen, wie stark meine Schule tatsächlich von mir abhängt. Ich muss proaktiv Strukturen schaffen, um diese Abhängigkeit zu minimieren. Das bedeutet, mir selbst unbequeme Fragen zu stellen, meine Rolle kritisch zu hinterfragen und meine Schule auf eine Zukunft vorzubereiten, in der sie auch ohne meine direkte Präsenz erfolgreich sein kann.
Wenn meine Schule diesen internen Test mit Bravour besteht, ist das ein grosser Schritt. Wenn nicht, sollte ich die Herausforderung annehmen. Es gibt auch Fachleute, die dabei helfen können. Mit der richtigen Strukturierung, sorgfältiger Planung und dem Engagement, meine Schule vorzubereiten, wird sie auch unter neuer Führung weiterhin erfolgreich sein. Mein Ziel ist es, meine Schule für eine erfolgreiche Übergabe und eine gesicherte Zukunft vorzubereiten.
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